Wo sind all die Vögel hin?
von Sandra Julius
Wer im Moment die kühlen Morgenstunden für einen Spaziergang nutzt, dem mag die plötzliche Stille auffallen. Während sich unsere Vögel im Frühling mit ihrem Gezwitscher gegenseitig übertreffen, werden sie ab Juni immer leiser, bis sie anfangs August fast ganz verstummen. Grund dafür ist die Mauser. Aber was ist das eigentlich genau?
Im Hochsommer wird es plötzlich still in der Vogelwelt. Während die Vögel im Frühling ihre Melodien bereits in der frühen Dämmerung lauthals in die Welt tragen, ist im Juli und August von vielen Arten plötzlich kein Ton mehr zu hören. Auch zu sehen sind sehr viel weniger unserer gefiederten Freunde als noch ein paar Wochen zuvor. «Wo sind all die Vögel hin?», magst auch du dich schon gefragt haben.
Für viele Vogelarten beginnt direkt nach der Brutzeit die Mauser. Die Vögel wechseln nun ihr Federkleid. Die von der anstrengenden Aufzucht der Jungvögel stark abgenutzten Federn werden abgestossen und neue wachsen nach. Jede Vogelart geht dabei in einer ihr eigenen Reihenfolge vor, die perfekt auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Exakt an derselben Stelle wird jede Feder durch eine passende neue ersetzt. Das dauert seine Zeit: Zwei Wochen bis mehrere Monate brauchen die meisten Vogelarten für die komplette Erneuerung ihres Federkleides, der sogenannten Vollmauser. Eine besonders kritische Phase ist die Mauser der Schwungfedern, da die Vögel dann in ihrer Flugfähigkeit eingeschränkt sind. Ganz oder teilweise flugunfähig sind sie leichte Beute für Räuber.
Die Mauser ist darum auch die Zeit, in der sich die Vögel zurückziehen und sich möglichst still verhalten. Nur selten bekommen wir die struppigen Piepmätze zu Gesicht. Oft das einzige, für uns Menschen wahrnehmbare, Zeugnis der Mauser, sind die sich mehrenden Federn am Boden oder am Ufer.
Gerade für die am Greifensee häufigen Wasservögel ist die Mauser eine besonders heikle Zeit. Taucher, Entenvögel und Rallen verlieren alle Schwungfedern gleichzeitig und sind während drei bis sechs Wochen komplett flugunfähig. Sie sind besonders darauf angewiesen, in dieser Zeit nicht durch Schwimmende oder Wassersporttreibende gestört und zusätzlich gestresst zu werden.
Am besten kannst du unsere Wasservögel in dieser heiklen Zeit unterstützen, indem du den Abstand zu Schilfgürtel und Schwimmblattbeständen stets einhältst, die Wasserschutzzonen respektierst und einen grossen Bogen um Vogelansammlungen auf dem Wasser machst. Herzlichen Dank für deine Rücksichtnahme!
Foto: Rotkehlchen in der Mauser (Quelle: Pixabay)