Haustierhaare im Vogelnest – potenzielle Gefahr für Jungvögel
von Sandra Julius
Im Frühling tauschen viele unserer Haustiere ihr dichtes Winterfell gegen ein Sommerfell ein. Hundehaltende bürsten ihre vierbeinigen Freunde gerne während dem Spaziergang draussen in der Natur. Auch am Greifensee finden unsere Ranger immer wieder Büschel oder ganze Haufen von Hundehaaren. Für die nistenden Vögel und ihren Nachwuchs können die Hundehaare, sofern sie liegengelassen werden, jedoch eine ernsthafte Gefahr darstellen.
Unsere Haustiere spüren den Frühling und beeilen sich angesichts der höheren Temperaturen ihren warmen Winterpelz gegen ein leichteres Sommerfell zu ersetzen. Unterstützt werden unsere Hunde und Katzen beim Fellwechsel oft von ihren Halterinnen und Haltern, welche die losen Haare ausbürsten. Gerade bei Hunden ist eine Fellpflegepause während dem Spaziergang beliebt. Teilweise zeugen am Greifensee einzelne Haarbüschel oder bisweilen ganze Haufen von ausgebürsteten Haaren von der Fellbürstaktion.
Nestbau und Polstermaterial
Der Frühling ist ebenfalls die Zeit des Brutgeschäftes der Vögel. Eifrig sind sie im Moment damit beschäftigt, Nester zu bauen, ihre Eier auszubrüten oder die bereits geschlüpften Küken zu füttern. Um die Nester für ihren Nachwuchs zu polstern, sammeln die Vogeleltern allerlei weiche Materialien wie Moos, feine Gräser, eigene Federn und auch Tierhaare von Wildtieren wie Rehen und Füchsen. Einzelne Tierhaare von Wildtieren, die mit anderen Polstermaterialien verbaut werden, stellen in der Regel kein Problem für die Küken dar. Sind hingegen grosse Mengen an Tierhaaren verfügbar, wie dies bei liegengelassenen, ausgebürsteten Büscheln oder Haufen von Hundehaaren der Fall ist, polstern die Vogeleltern ihre Nester fast ausschliesslich mit diesem einen, schnell verfügbaren Material – mit potenziell verheerenden Folgen für ihren Nachwuchs.
Verheddern in Tierhaaren im Nest
Vor allem wenn nahezu ausschliesslich Tierhaare für die Polsterung des Nestes genutzt werden, besteht für die Nestlinge und auch für die Elternvögel die Gefahr, sich mit Beinchen oder Flügeln in den Haaren zu verheddern. Es wurden bereits Nestlinge mit zugeschnürtem Hals und abgestorbenen Beinen gefunden oder solche, die miteinander in den Haaren verwoben waren. Verfangen sich die Vögel in den Haaren, verenden sie meist qualvoll.
Gefahr durch Floh- und Zeckenschutzmittel
Hunde und Katzen werden häufig mit Halsbändern, Kontakt-Antiparasitika, den sogenannten «Spot Ons», oder mit Kautabletten mit Insektiziden gegen Flöhe, Läuse und Zecken behandelt. Insektizide sind Nervengifte. Sie verteilen sich im Organismus der damit behandelten Tiere und verbleiben auch dann noch in den Haaren, wenn diese als ausgebürstetes Winterfell von einem Vogelpaar gefunden und ins Nest eingebaut werden. Durch die poröse Schale der Eier und später über die nackte Haut der Nestlinge dringen die Insektizide wiederum direkt in den Organismus der Jungvögel ein. Eine aktuelle Studie aus England untersuchte unlängst die Nester von Kohl- und Blaumeisen: Am häufigsten und in der höchsten Konzentration wurden die Wirkstoffe Fipronil und Imidacloprid in den Nestern nachgewiesen. Die Studie belegt, dass in den Nestern mit einer höheren Konzentration dieser Insektizide mehr tote Jungvögel gezählt wurden. Zudem verblieben in diesen Nestern mehr Eier, aus denen nie ein Junges schlüpfte. Beide Insektizide sind in der Schweiz, in England und der EU wegen ihrer umweltbelastenden Wirkung seit Längerem für den Einsatz in der Landwirtschaft – also auf den Äckern oder bei Nutztieren – verboten, für die Schädlingsbekämpfung bei Haustieren jedoch nach wie vor zugelassen. In der Schweiz sind aktuell 16 Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Fipronil sowie vier mit dem Wirkstoff Imidacloprid für Haustiere zugelassen.
Das können wir tun
Eine ausgiebige Fellpflegepause auf dem Spaziergang draussen in der Natur kann ein Genuss für Mensch und Hund sein. Werden die ausgebürsteten Haare eingesammelt, im Abfall entsorgt und wird darauf geachtet, dass sie nicht vom Wind weggeweht werden, besteht keine Gefahr für die Vögel. Auch im eigenen Garten empfiehlt es sich, die Haustierhaare einzusammeln. Zusätzlich ist es für nistende Vögel hilfreich, wenn in gewissen Gartenbereichen Moose und Gräser wachsen dürfen und abgestorbene Pflanzenteile erst später im Frühjahr geschnitten werden, so dass ein reichhaltiges Angebot an Polstermaterial zur Verfügung steht.